21. Juni 2023 admin

Was ist los im Landkreis Göppingen? 

Am Dienstag, dem 27. Juni ist die Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Verkehr des Göppinger Kreistages. Die Kreisverwaltung schreibt in einem Antrag für diese Sitzung, dass für die Energieagentur Göppingen „nicht genügend qualifiziertes Personal gefunden und gehalten werden kann„. „Durch die Tarifbindung“ sei es nicht möglich, das Entgelt so flexibel zu gestalten, dass die Agentur ein attraktiver Arbeitgeber sein könnte. Nun sollen die Kreistagsfraktionen an besagtem Termin darüber entscheiden, ob der Gesellschaftervertrag unter §1 um den Punkt (3) Die Gesellschaft ist nicht tarifgebunden ergänzt werden soll. Für eine flexiblere Gestaltung von Arbeitsverträgen, ist in der Erklärung zu lesen. Die Dokumente der Sitzung stehen der Öffentlichkeit zu Verfügung: SessionNet | Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Verkehr – 27.06.2023 – 14:00 Uhr (landkreis-goeppingen.de)

Wer ist die Energieagentur Göppingen?

Die Energieagentur Göppingen berät Organisationen, Unternehmen und Privatpersonen im Landkreis rund um die Themen Energie und Klimaschutz. Eine moderne Institution, welche die Wettbewerbsfähigkeit im Kreis steigert und den Klimaschutz vorantreibt. Einziger Gesellschafter der Agentur ist dabei der Landkreis, vertreten durch den Landrat. Rundum also eine gute Sache, da sind sich alle demokratischen Fraktionen und die Gewerkschaft einig. Gerade in der Energiekrise kann es nicht hoch genug geschätzt werden, dass es ein Unternehmen in öffentlicher Hand gibt, dass Bürger, Kommune und Wirtschaft bei „Energieeinsparung und nachhaltigen Energieversorgung“ mit Rat und Tat zur Seite steht. Entsprechend voll sind die Auftragsbücher und das „junge Team“ der Agentur will sich vergrößern, heißt es auf der Homepage.

Ein Ende der Tarifbindung für attraktive Arbeitsbedingungen?

Das ist so absurd wie es klingt. Erstens gibt es natürlich Regelungen im aktuellen Tarifvertrag, dass die kommunalen Arbeitgeber sogenannte Arbeitsmarktzulagen übertariflich vergeben können. Zweitens sind wir Gewerkschaften auch jederzeit bereit nachzuverhandeln und unsere Tarifverträge nach oben anzupassen. Sollte das nicht bekannt sein, stehen wir hier gerne beratend zur Seite, wie die Arbeitsbedingungen noch attraktiver für Arbeitnehmer*innen gestaltet werden können. Das ist ja unser ureigenes Interesse. Gerade tarifgebundene Arbeitsplätze sind ein gutes Mittel um sich als Arbeitgeber attraktiv zu machen. Einen Tarifvertrag aufzukündigen um Fachkräfte anzulocken, ist ein einziger Widerspruch.

Warum also das alles?

Es ist wahrscheinlich, dass die Kreisverwaltung das weiß. Denn Landrat Wolff ist selbst Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband und mit verantwortlich für die Tarifentwicklung im öffentlichen Dienst. Dass ausgerechnet ein Funktionär des Arbeitgeberverbandes nun sagt: „unser Tarifvertrag ist zu schlecht, um Fachkräfte zu gewinnen“ lässt tief blicken. Die Kreisverwaltung will jetzt den Kreistag mit vorgeschobenen Gründen dazu bewegen, die Tarifbindung des Unternehmens aufzuheben. Das gibt ihr dann nicht nur die Möglichkeit, übertariflich zu zahlen, was sie jetzt schon könnte (!), sondern bei anderen Stellen auch unter Tarif zu zahlen. Das wäre die einzige wirkliche Neuerung. Der Antrag würde also genau das Gegenteil dessen erreichen, was er vorgeblich möchte: die Agentur wird unattraktiver. Ein solches Vorgehen betrachten wir als Tarifflucht. Sollte es so kommen, werden wir natürlich sofort mit den betroffenen Kolleg*innen Arbeitskampfmaßnahmen prüfen, um die Mitarbeiter*innen wieder in die Tarifbindung zu holen.

Von Saxonia lernen?

Was das bedeutet, ist gerade im Landkreis Göppingen gut bekannt. Ende letzten Jahres hat das Mittelständige Unternehmen Saxonia seinen Mitarbeiter*innen angekündigt, dass man aus dem Arbeitgeberverband ausgetreten sei und die Tarifverträge 2023 nicht mehr für die knappen 200 Mitarbeiter gelten werden. Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie die gerade von der IG Metall erkämpften acht Prozent Lohnerhöhung waren damit plötzlich vakant für die die Arbeiter*innen der Firma. Dann ging alles sehr schnell, zu schnell für den Chef der Firma, der wohl nicht damit gerechnet hatte, dass seine Belegschaft geschlossen für einen unbefristeten Streik stimmt, um die guten Arbeitsbedingungen in der Region zu halten. Nach neun Tagen Streik blieb dem Unternehmen nichts anderes übrig, als wieder einen Tarifvertrag mit der IG Metall Geschäftsstelle Göppingen-Geislingen abzuschließen. Es ist die Stärke unserer Bewegung, dass wir uns nicht alleine klein machen lassen. Wir werden sehr genau beobachten, wie der Kreistag an diesem Dienstag entscheidet, und wie sich die verschiedenen Fraktionen verhalten werden.

Der DGB Esslingen-Göppingen setzt sich im Rahmen der Kampagne #BWGERECHT dafür ein, die Tariftreue bei der öffentlichen Vergabe zum Kriterium zu machen. Damit will er erreichen, dass die gute Arbeit in den Landkreisen gestärkt wird. Das ist schlussendlich auch immer eine Stärkung der lokalen Wirtschaft. Nächsten Dienstag entscheidet sich, welchen Weg der Landkreis gehen will.

GDPR Cookie Consent mit Real Cookie Banner